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Stadtarchiv Bergheim

Nikolaus 1804: der Geburtstag von Marie Sibille Müller

Heute vor 218 Jahren wurde Marie Sibille Müller in Glesch als Tochter des Tagelöhners Pierre Müller und dessen Frau Ursule Esser geboren. Was wir anhand der Geburtsurkunde über Marie Sibille und die Zeit, in der sie lebte, erfahren können, lesen Sie hier.

Anfang Dezember 1804 kam der Tagelöhner Pierre Müller aus Glesch zum für ihn zuständigen Paffendorfer Bürgermeister Emmanuel Uhles, um die Geburt seiner Tochter anzuzeigen: Marie Sibille war am 15. Tag des Monates Frimaire im 13. Jahr der Französischen Republik geboren.

In den Jahren 1792 bis 1805 wurde in ganz Bergheim der Republikanische
Kalender verwendet. Dieser Kalender wurde auch Französischer Revolutionskalender (calendrier révolutionnaire français) genannt und war im französisch annektierten Rheinland, das während der napoleonischen Zeit von 1794 bis 1813 zu Frankreich gehörte, in allen öffentlichen Angelegenheiten verbindlich. Der Name des Monats Frimaire kommt von dem französischen Wort frimas und bedeutet Raureif. Der Frimaire war der letzte der drei Herbstmonate und dauerte vom 21. November bis zum 20. Dezember. Da das Jahr zwar ebenfalls in zwölf Monate unterteilt war, aber nach heutiger Zeitrechnung am 22. September begann, befindet sich die Urkunde der am 6. Dezember 1804 geborenen Marie Sibille Müller im Jahresregister des Jahres 1805, da der Großteil der im 13. Jahr der Französische Republik erstellten Urkunden im – nach gregorianischen Zählweise - Jahr 1805 liegen.

Auffällig ist, dass nicht nur das ganze Formular der Geburtsurkunde auf Französisch verfasst wurde, sondern auch, dass die Namen auf Französisch verzeichnet sind. Noch im Jahr zuvor waren die Urkunden vollständig in deutscher Sprache verfasst. Der Wechsel fand vom 12. auf das 13. Jahr der Französischen Republik statt. Im Vergleich mit der Geburtsurkunde von Antonius Brings, der wenige Wochen zuvor am 6. September 1804 beziehungsweise am 19. Fructidor 12 (von lateinisch Fructus = Frucht) geboren wurde, wird deutlich, wie auch die Namen an die französische Schreibweise angepasst wurden: Der erste Zeuge der Geburtsanzeige bei Antonius Brings ist der Glescher Pastor Wilhelm Kemmerling. So steht es in der Urkunde, so unterschreibt er.

Nur drei Monate später, bei der Beurkundung der Geburt von Marie Sibille Müller, unterschreibt der Pastor mit Guillaume Kemmerling und wird mit diesem Namen auch als Zeuge in der Urkunde aufgeführt. Der 37-jährige Glescher Landwirt Conraths, zweiter Zeuge bei der Geburt im Dezember, unterschreibt hingegen weiterhin, wie auch in vorhergehenden Urkunden, die im Stadtarchiv Bergheim vorhanden sind, mit Herman Conraths – obwohl er in der Urkunde nun Französisch als Germaine Conraths bezeichnet wird.

Man kann also davon ausgehen, dass Marie Sibille Müller von ihrer Familie Maria Sibilla genannt wurde und auch in späteren Dokumenten, die wieder komplett in deutscher Sprache verfasst sind, als Maria Sibilla bezeichnet wird. Der Vater von Marie Sibille, in der Urkunde Französisch als Pierre bezeichnet und sicherlich als Peter geboren, verdiente das Geld für sich und seine Familie als Tagelöhner und beherrschte das Schreiben nicht: selbst eine Unterschrift unter der Geburtsurkunde seiner Tochter war ihm nicht möglich. Bürgermeister Uhles vermerkte über ihn „ne savoir signier“ („weiß nicht, wie man unterschreibt“). Dies war um 1800 nicht unüblich. 

Die bunten Markierungen und Ergänzungen auf der Urkunde wurden zu einem späteren Zeitpunkt getätigt. Mit rot wurden die Nachnamen der Eltern unterstrichen, mit blau das Geburtsdatum in der gregorianischen Zeitrechnung notiert, also das auch von uns heute gebräuchliche Kalendersystem verwendet. Dies macht die gezielte Suche nach einem bestimmten Datum oder einer bestimmten Person für den Nutzer komfortabler, dennoch würde heute kein*e Archivar*in mehr eine Urkunde verändern. 

Das Stadtarchiv Bergheim hat in einem ersten Schritt die Geburts-, Sterbe- und Heiratsurkunden der Jahre 1800 bis 1855 für die damalige Bürgermeisterei Bergheim, zu der auch Quadrath, Ichendorf, Zieverich, Kenten, Wiedenfeld, Montagsend und Urwelt gehörten, digitalisiert und erschlossen. Aber auch die Urkunden der Bürgermeistereien in Paffendorf, die für die an Nikolaus 1804 geborene Marie Sibille zuständig war, und in Hüchelhoven (mit ihren jeweiligen zugehörigen Ortsteilen) liegen im Bergheimer Stadtarchiv, sodass für alle Ortsteile des heutigen Bergheims 
die Standesregister ab dem Jahr 1800 vorhanden sind. 

Für Anfragen und Auskünfte steht das Stadtarchiv unter stadtarchivbergheimde gerne zur Verfügung.

Autorin: Bettina Rütten M.A.

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